Die LEPORELLOS von Gabriel Micheletti

„Von Falten und Flachstellen“

Die LEPORELLOS von Gabriel Micheletti von 25. Februar bis 31. März 2025

Diese Ausstellung findet parallel zur Ausstellung Die phantastische Bibliothek. Sammlung Würth und Leihgaben statt, für die mein Freund Jean-Louis Mandel wichtige Stücke aus seiner persönlichen Sammlung ausgeliehen hat. Dieser hatte mich aufgrund meines Interesses für das Künstlerbuch zum Besuch der Ausstellung eingeladen.

Leporello: So nennt man das Verzeichnis mit den Namen der Geliebten Don Giovannis, das sein Diener Leporello akribisch führt. Das Leporello ist also im weiteren Sinne ein Notizbuch, dass in Ziehharmonikaform gefaltet ist.

Seit dem Lockdown habe ich die Größe meiner Produktionen reduziert und widme mich daher der Herstellung von Leporellos. Ich mag Bücher. Dieses Format ruft nach Intimität. Wenn ich einen Stil hätte erfinden können, wäre ich Illustrator für Kinderbücher geworden. Aber dieses Talent habe ich nicht und ich werde mich nicht verstellen. Ich kann mich jedoch fragen, was für mich Malen und Zeichnen ist, wo es anfängt …

Wo fängt das Zeichnen und Malen an und vor allem, wie weit reichen Zeichnen und Malen? Ich habe zehn Jahre lang Theater gespielt, in denen ich kaum gezeichnet oder gemalt habe, aber ich habe mir gesagt, dass ich, wenn ich zur Malerei zurückkehre, versuchen werde, das, was ich im Theater gelernt habe, auf die Malerei zu übertragen. Indem ich neben einem Text lebte, der gerade gelernt wurde, oder indem ich neben einem Gemälde lebte, das gerade entstand. Ich lernte zwar zu spielen, aber ich verstand ziemlich schnell, dass man zwar spielen, aber nicht „zu viel spielen“ und vielleicht auch nicht zu viel malen sollte, man musste mit seinen Pinseln da sein, mit Momenten der Anwesenheit und Momenten der Abwesenheit, mit Momenten, die schwer zu definieren sind, an der Grenze zwischen Sein und Nichtsein, nicht zu viel zeigen, Exhibitionismus vermeiden.

Malen zwischen Anspruch und Nachsicht, mit einer Leitlinie, die von Ungeschicklichkeiten durchsetzt ist, die Ihnen Bilder vorstellen: man macht einen unbeabsichtigten Fleck, während man mit Pinseln und Bürsten bewaffnet herumläuft. So weit geht das Malen, so weit kann es gehen, bis zu dem zufälligen Fleck, von einer so unerwarteten, selbstverständlichen Ästhetik, die sich auf so impertinente Weise durchsetzt. Im Theater ist es das Gleiche: Bestimmte Zögerlichkeiten der Stimme erinnern an bestimmte Zögerlichkeiten der Farbe oder der Form, und man fragt sich, ob man sie korrigieren muss oder nicht. Ist es eigentlich sinnvoll, das zu sagen: In jedem Moment ist diese Mischung aus Selbstsicherheit und Unsicherheiten ein von Ihrem Schema der Weltdeutung geleiteter Prozess, den Sie jedes Mal aufs Neue aufzurufen, zu erkennen und anzuwenden versuchen – im Theater intuitiv bei jeder neuen Rolle, in der Malerei bei jeder neuen Leinwand. Und jedes Mal, ob Rolle oder Leinwand, ist es die innere Notwendigkeit, die vorherrscht. Und die muss die Größe des Objekts regeln. Sie spüren, dass das produzierte Objekt mit der Größe des Ateliers in Einklang stehen muss. Offensichtlich ist diese Übereinstimmung eine innere Notwendigkeit. Das ist es, was ich meine, wenn ich mich nach dem Grund für meine Leporellos frage. Die produzierten Objekte mussten meinem Atelier angemessen sein. Und was ist aus meinem Atelier durch den Lockdown geworden? Nicht mehr als der Esszimmertisch.

 

Gabriel MICHELETTI

 

Fotokredit : Studio18